Streuobstwiesen stellen eine traditionelle Wirtschaftsform für die hiesige Mittelgebirgsregion dar. Der Begriff stellt eine neuzeitlich Wortschöpfung dar und ersetzt das Wort Obstbau für den Bereich des Hochstammobstanbaues in der freien Landschaft. Geprägt wurde der Begriff durch die Anordnung der Bäume in der Landschaft und ist im Naturpark Saar-Hunsrück auch heute noch, die am häufigste vorzufindende Anbauform. So prägen in den Tallagen und entlang der Wiesen und Felder Streuobstwiesen und -reihen das Landschaftsbild im Saargau und Saartal und bieten zahlreichen Tier und Pflanzenarten Lebensraum. Vor allem auf den Muschelkalkhöhen sind Streuobstbestände, Mähwiesen, Baumgruppen und Heckenzüge wesentliche Elemente der durch Menschenhand geschaffenen Kulturlandschaft. Streuobstvermarktung in Form von Tafelobst, Saft, Apfelwein, Apfelsekt und Schnaps spielt in dieser Region eine besondere Rolle. Der hier erzeugte Apfelwein heißt seit alters her "Viez". Im Gegensatz zum Weinbau ist der Viezobstanbau nicht an die warmen Tallagen gebunden.
Die Gründe für den Rückgang der Streuobstbestände sind vielfältig. Sie sind im Grunde ein Spiegel für den grundlegenden Strukturwandel in unserer Gesellschaft. Bereits 1937 wurde die erste Verordnung eingeführt, mit der die Landschaft von Bäumen "entrümpelt" wurde. Damals spielten die Bestrebungen nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit eine Rolle. Zur Produktion von Massenobst wurden systematisch Intensivplantagen mit Niederstammkulturen angelegt. Darüber hinaus fielen viele Streuobstbestände dem explodierenden Flächenverbrauch durch die sich immer weiter ausdehnenden Siedlungsflächen in den letzten 40 Jahren zum Opfer. So wucherten die Neubaugebiete über die traditionellen Streuobstgürtel der Dörfer in die freie Landschaft hinaus.
Verstärkt wurde der Rückgang in den 50er bis 70er Jahren auch durch verschiedene nationale und EG-Rodungsprogramme. Ein übriges tat die Flurbereinigung dazu. Durch Zusammenlegung und Planierung wurde die Landschaft großflächig ausgeräumt. Extreme Beispiele für solch ausgeräumte Landschaften findet man im Bereich des Mosel-Saar-Gaues vor. Ein Beispiel für eine Landschaft mit einer noch sehr vielfältigen Struktur stellt hingegen der Wolferskopf in der Gemeinde Beckingen dar, wenngleich der Streuobstanbau auch hier stark zurückgegangen ist.
Seit Anfang der achtziger Jahre findet eine Belebung des Streuobstanbaues statt, wobei das Verwertungsobst stark in den Vordergrund tritt. Das Engagement von Naturschutzgruppen und kleineren Initiativen neben vielen privaten Streuobstwiesenbewirtschaftern führen zu einer Wiederbelebung des Streuobstanbaues. Darüber hinaus gibt es vom hauptamtlichen Naturschutz Bestrebungen den Streuobstanbau wegen seines positiven Einflusses auf das Landschaftsbild sowie für den Biotop- und Artenschutz über Streuobstförderprogramme zu fördern. Schwierig gestaltet sich die Nachpflanzung von alten und bewährten Sorten, da diese aus der Vermehrung verschwunden sind. Erst langsam steigt wieder die Nachfrage nach alten Sorten und die Baumschulen beginnen auch wieder solche Sorten zu vermehren.
Ein Beispiel für die Wiederbelebung/Revitalisierung der Streuobstbestände findet man im Naturschutzgebiet Wolferskopf. Auf einer Fläche von ca. 30 ha wurde der ehemalige zum Teil brachgefallene Streuobstanbau wieder aufgenommen. Es wurden ca. 600 Jungbäume in den letzten Jahren gepflanzt. Vom Altbestand werden zur Zeit ca. 1.500 Obstbäume bewirtschaftet. Das geerntete Obst wird z. T. als Tafelobst verkauft, selbst verwertet oder findet seine Verwertung als Grundstoff für einen naturtrüben Apfelsaft. Viele Initiativen im Naturpark Saar-Hunsrück wollen die Streuobstbestände den Menschen wieder ins Bewusstsein rücken und auf die Bedeutung der Streuobstwiesen für Mensch und Tier aufmerksam machen - so auch der Landschaftspflegeverband Birkenfeld mit dem Streuobst-Erlebnispfad in der Naturpark-Gemeinde Mackenrodt. Weitere Informationen erhalten Sie auch unter www.streuobst-rlp.de und www.nabu-saar.de.