Wiesen, Grünland
Das niederschlagsreiche und kühle Klima des Hunsrücks sowie die kargen, nährstoffarmen Böden sind für den Ackerbau ungünstig. Um wirtschaftlich rentablen Ackerbau betreiben zu könnten, müssten erhebliche Düngemengen zugegeben werden. Aus diesem Grund werden weite Teile des Hunsrücks neben der Forstwirtschaft als Grünland genutzt.
Die größte flächenhafte Bedeutung im Naturpark kommt den Wirtschaftswiesen oder Fettwiesen zu. In den tiefer gelegenen Teilen des Naturparks ist die Glatthaferwiese die typische Schnittwiese. Der dort häufige Glatthafer (Arrhenatherum elatius) ist Namenspate dieser Wiesentypen. Lange Zeit waren diese Wiesen für den Landwirt der ertragreichste Wiesentyp und wurden deshalb auch als Fettwiesen bezeichnet. Im Zuge des Umbruchs und der Industrialisierung der Landwirtschaft werden sie heute großflächig von artenarmen Grasbeständen abgelöst. Bei anhaltender Entwicklung (Intensivierung maschinell bearbeitbarer Flächen, Aufgabe von Steilflächen und Umwandlung in Dauerweiden) ist mit dem Verschwinden dieses Lebensraumes bis auf wenige geschützte Reste zu rechnen. Klassisch bewirtschaftete Glatthaferwiesen nehmen hinsichtlich der Biodiversität eine hervorragende Stellung im Naturpark ein. Der Glatthafer, ein hochwüchsiges Gras mit glänzenden Hüllspelzen, verleiht zur Blütezeit den Wiesen einen silbrig-grünen Glanz. Neben dem Glatthafer finden wir als weitere charakteristische Arten Wiesen-Flockenblume (Centaura jacea s.l.), Gemeines Labkraut (Galium album), Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), Bärenklau (Heracleum sphondyleum), Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) und Wiesen-Pippau (Crepis biennis). Insgesamt kommen weit über 70 verschiedene Blütenpflanzen in den Glatthaferwiesen vor. Je nach Standort und Bewirtschaftung sind die Wiesen ausgesprochen facettenreich.
Feuchten Standorten verleiht im zeitigen Frühling das Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis) eine hellblau-rosa Farbe. Ende April blühen dort die Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi) und das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) rot auf, während der Scharfe Hahnenfuß Ranunculus acris) die Wiese mit seinem Gelb überzieht. Wer genau hinschaut, kann mit etwas Glück an lückigen Stellen die sehr seltene Natternzuge (Ophioglossum vulgatum), eine unscheinbare Farnpflanze, entdecken.
In Wiesen, deren Böden höhere Basenversorgung aufweisen, blühen im zeitigen Frühjahr, noch lange bevor die Gräser schieben, die heute schon selten gewordenen Wiesen-Schlüsselblumen (Primula veris). Im Mai kann dort der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor) entdeckt werden. Wenig später erscheinen die unauffälligen Blüten der Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias). In warmen Tallagen findet sich der auffällige Wiesen-Storchschnabel (Geranium pratense). Auf nährstoffarmen, oft flachgründigen Böden treten zahlreiche Arten der Magerrasen auf. An trockenen und warmen Standorten blüht ab Mitte April der Knollige Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus). Im Gelb des Hahnenfuß bildet der Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) weiße Tupfer. Die Orchideen-Saison im Naturpark Saar-Hunsrück leitet das Kleine Knabenkraut (Orchis morio) mit seinem Blütenbeginn ab Ende April ein. Noch vor 50 Jahren war die Art in den Wiesen so häufig, dass die Botaniker keine Fundstellen genannt haben. Heute ist sie eine Seltenheit. Zwischen Nonnweiler und Schmelz beherbergen auch heute noch erstaunlich viele Wiesen diese schöne Orchidee.
Mit zunehmender Höhe nimmt der Glatthafer ab und andere Gräser und Kräuter wie der Goldhafer (Trisetum flavescens), seltene Frauenmantel-Arten (Alchemilla monticola, Alchemilla glaucescens), der blaue Waldstrochschnabel (Geranium sylvaticum) oder die Berg-Platterbse (Lathyrus liniifolius) treten hinzu. Diese Bergwiesen kommen nur in den höchsten Lagen des Naturparks im Hunsrück vor. Sie sind ausgesprochen bunt und können je nach Ausprägung ausgesprochene Seltenheiten beherbergen. Auf saureren und nährstoffärmeren Böden findet man um Muhl und Börfink die seltene Bärwurz (Meum athamanticum), eine traditionelle Heilpflanze. Die Früchte dieser interessanten, mit dem Kümmel verwandten Art riechen beim Zerreiben nach Anis und Weihnachtsgebäck. Aus ihrer Rübe wurde früher ein klarer Kräuterschnaps hergestellt; heute ist die Pflanze geschützt. Bestände mit der Bärwurz leiten zu den bereits erwähnten Borstgrasrasen über.
Eine Besonderheit der Bergwiesen des Hunsrücks ist die seltene Gelbe Narzisse (Narcissus pseudonarcissus), die im zeitigen Frühjahr mit ihrer auffälligen Blüte ganzen Wiesen einen gelben Blühaspekt gibt. Eine Erhaltung der Wiesenstandorte ist nur durch althergebrachte Nutzung z. B. als Streuobstwiesen möglich. Solche extensiv genutzten Standorte sind aufgrund ihres Artenreichtums für den Naturschutz sehr wichtig, da sie Lebensraum u. a. für bedrohte Arten bieten.